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Der Einfluss einer nachhaltigen Architektur auf die Lebensdauer von GebÀuden

  1. Markus Helbach Kleihues + Kleihues, Berlin

Zusammenfassung

Die QualitĂ€t von Baustoffen und der Umgang mit ihnen haben direkte Auswirkungen auf die Lebensdauer von GebĂ€uden. Die Lebensdauer von Bauwerken wiederum ist ein wichtiger Faktor der Beurteilung ihrer Nachhaltigkeit. Seit den Energiekrisen der siebziger Jahre ist die Notwendigkeit eines sparsamen Umgangs mit Ressourcen im Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit zu einer nicht mehr ignorierbaren Tatsache geworden. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sind dabei die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt von besonderem Interesse. Die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels hin zu nachhaltigen StoffkreislĂ€ufen auch in der Bauwirtschaft ist in Deutschland 1998 mit dem Abschlussbericht der EnquĂȘte-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" dargelegt worden. Hier wurden in einem politisch relevanten Dokument ZusammenhĂ€nge zwischen dem Ressourcenverbrauch im Bauwesen, dem Baubestand als einem kontinuierlich anwachsendem Stoff-Zwischenlager und den entstehenden Schadstoffbelastungen aufgezeigt. Mit der 2011 in Kraft tretenden Bauproduktenverordnung 2010 wird die Nutzung wiederverwendbarer, dauerhafter und umweltfreundlicher Baustoffe fĂŒr Bauwerke nun verbindlich gefordert. Das Cradle to CradleÂź-Design-Konzept geht ĂŒber diese Konzeption noch hinaus. Es fordert ein, dass alle Baustoffe in abfallfreien MaterialkreislĂ€ufen zirkulieren, Unternehmen als "Rohmaterialbanken" fungieren und GebĂ€ude als Produkte mit genau definierter Lebensdauer der unterschiedlichen Komponenten mit RĂŒcknahmegarantie fĂŒr die verwendeten Materialien konzipiert werden.

Keywords

 

Abb. 1. Cradle to Cradle ®. Biologischer und Technischer Kreislauf. Über definierte Stoffströme werden Produkte nach ihrer Nutzung zu NĂ€hrstoffen fĂŒr biologische und technische KreislĂ€ufe. Abbildung mit freundlicher Genehmigung der Epea GmbH

Zusammenfassung

Die QualitĂ€t von Baustoffen und der Umgang mit ihnen haben direkte Auswirkungen auf die Lebensdauer von GebĂ€uden. Die Lebensdauer von Bauwerken wiederum ist ein wichtiger Faktor der Beurteilung ihrer Nachhaltigkeit. Seit den Energiekrisen der siebziger Jahre ist die Notwendigkeit eines sparsamen Umgangs mit Ressourcen im Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit zu einer nicht mehr ignorierbaren Tatsache geworden. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sind dabei die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt von besonderem Interesse. Die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels hin zu nachhaltigen StoffkreislĂ€ufen auch in der Bauwirtschaft ist in Deutschland 1998 mit dem Abschlussbericht der EnquĂȘte-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" dargelegt worden. Hier wurden in einem politisch relevanten Dokument ZusammenhĂ€nge zwischen dem Ressourcenverbrauch im Bauwesen, dem Baubestand als einem kontinuierlich anwachsendem Stoff-Zwischenlager und den entstehenden Schadstoffbelastungen aufgezeigt. Mit der 2011 in Kraft tretenden Bauproduktenverordnung 2010 wird die Nutzung wiederverwendbarer, dauerhafter und umweltfreundlicher Baustoffe fĂŒr Bauwerke nun verbindlich gefordert.

Das Cradle to Cradle®-Design-Konzept geht ĂŒber diese Konzeption noch hinaus. Es fordert ein, dass alle Baustoffe in abfallfreien MaterialkreislĂ€ufen zirkulieren, Unternehmen als Rohmaterialbanken fungieren und GebĂ€ude als Produkte mit genau definierten Lebensdauern der unterschiedlichen Komponenten und mit einer RĂŒcknahmegarantie fĂŒr die verwendeten Materialien konzipiert werden.

Ökologische Nachhaltigkeit

Der ursprĂŒnglich aus der Forstwirtschaft stammende Begriff der "Nachhaltigkeit" [1] wurde als "nachhaltige Entwicklung" 1987 erstmals im Brundtland-Report definiert. [2] Heute wird der Begriff "Nachhaltigkeit" im Allgemeinen im Sinne eines Drei-SĂ€ulenmodells [3] ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit verstanden. Im Umgang mit Baustoffen ist vor allem die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit von Bedeutung. Sie besteht nach Ansicht der US-Wissenschaftler Robert Goodland und Herman Daly darin,

"Abfallemissionen auf einem Niveau zu halten, das von der Umwelt ohne SchĂ€digung assimiliert werden kann. In Bezug auf die Quellen ist die Entnahme erneuerbarer Ressourcen innerhalb der Regenerationsraten zu halten. [... Diese Tatsache ist, M.H.] biophysikalisch unabdingbar […]. Die universalen Quellen- und Senken-KapazitĂ€ten der Umwelt sind nicht verhandelbar […]. Wenn wir uns der ökologischen Nachhaltigkeit annĂ€hern wollen, muss qualitative Entwicklung klar von quantitativem Durchsatzwachstum unterschieden werden."  [4]

Wenn es um die Reduzierung oder völlige Vermeidung von Umwelt belastenden AbfĂ€llen und den Verbrauch der begrenzten RohstoffvorrĂ€te geht, werden heute vielfĂ€ltige Strategien diskutiert. Dabei ist in Bezug auf GebĂ€ude und ihre Lebensdauer zwischen Bestand und Neubau zu unterscheiden. Andererseits wird jeder Neubau mit seiner Fertigstellung zu einem Teil des Bestandes. Aus dieser trivialen Feststellung ergeben sich zwei Handlungsfelder: Erstens der Umgang mit der bestehenden Bausubstanz, zweitens das ökologisch nachhaltige Vorgehen bei einem neuen Bauvorhaben, einem Anbau oder einer Erweiterung. Die technischen Möglichkeiten neuer Materialien (Smart Materials) oder einer dezentralen Energieversorgung (Smart Technologies) stellen schließlich einen dritten Aspekt dar, der bei der Planung und fĂŒr die nachhaltige Nutzung von GebĂ€uden berĂŒcksichtigt werden muss. Die Diskrepanz zwischen der von Goodland und Daly beschriebenen (ökologisch-) qualitativen Entwicklung und dem in der Regel allein quantitativ gemessenen Wirtschaftswachstum wird bei der Betrachtung des GebĂ€udebestandes seit 1945 in besonderer Weise deutlich. [5]

Der rechtliche Rahmen fĂŒr einen ökologischen Umbau ist schließlich mit der zur Harmonisierung der Vermarktung von Bauprodukten 2011 auf EU-Ebene in Kraft getretenen ĂŒberarbeiteten Bauproduktenverordnung 2010 geschaffen. Mit dem neuen Grundlagendokument Nr.7 dieser Verordnung wird eine nachhaltige Nutzung natĂŒrlicher Ressourcen fĂŒr Bauwerke verpflichtend. Das Recyceln aller Baustoffe nach dem Abriss, die Verwendung umweltfreundlicher Rohstoffe und SekundĂ€rstoffe sowie die Dauerhaftigkeit des Bauwerkes werden damit in naher Zukunft Pflicht. [6] Es gilt allerdings abzuwarten, inwiefern die Anwendung sowie notwendige PrĂŒfinstrumentarien in die tĂ€gliche Praxis implementiert werden.

Der Bestand

Als Folge des Wiederaufbaues der im Zweiten Weltkrieg zerstörten StĂ€dte, des Bevölkerungswachstums durch den Zuzug von etwa zehn Millionen Heimatvertriebenen aus dem Osten, der fortlaufenden Urbanisierung zu Lasten des lĂ€ndlichen Raumes sowie als Folge von Wirtschaftswunder, TertiĂ€risierung der InnenstĂ€dte und Suburbanisierung [7] entstand in Deutschland zwischen 1950 und 1980 etwa die HĂ€lfte des heute existierenden GebĂ€udebestandes. [8] Im Vergleich zu den ebenfalls großen Bauvolumen aus den Jahren 1870 bis 1910 waren die Bauten der Nachkriegszeit auf eine kĂŒrzere Haltbarkeit hin ausgelegt, bestanden aus weniger gutmĂŒtigen Konstruktionen und aus mehr kĂŒnstlichen Materialien oder Fertigprodukten. FĂŒr diese Entwicklung gab es eine Reihe von GrĂŒnden. Einerseits war die Idee der "Dauerhaftigkeit" durch den Ewigkeitsanspruch der Propagandabauten der Nazi-Diktatur in Misskredit geraten. Zweitens fĂŒhrte der ungebrochene Technikoptimismus der Zeit zu einer Idee von Bauen, das sich in der Rationalisierung, Elementierung und Herstellung flexibler, gĂŒnstiger und effizienter Produkte die Industrieproduktion zum Vorbild nahm.

Seit den 1970er Jahren ist zudem ein exponentieller Anstieg neuer Baustoffe und Baumaterialien zu verzeichnen, insbesondere gab es immer mehr zum Teil unerprobte Kunst- und Verbundstoffe sowie Zuschlagstoffe, von denen sich betrĂ€chtliche Anteile als öko- und humantoxikologisch herausgestellt haben. In Bauhilfs- und Bauzusatzstoffen, die etwa fĂŒnf Masseprozent des heutigen Bestandes ausmachen, [9] befinden sich nahezu alle Problemstoffe. [10] Zur Erzielung bestimmter technischer Eigenschaften kommen sie als Bestandteile von Löse-, Binde- oder Konservierungsmitteln, Stabilisatoren oder Weichmachern, Mitteln mit isolierenden oder abdichtenden Eigenschaften oder von Produkten zum Insekten- oder Flammschutz in fast allen Baustoffen dieser Zeit vor. FĂŒr eine Langzeitbetrachtung sind besonders die biopersistenten Schadstoffe hochproblematisch, neben – dem wohl bekanntesten – Asbest sind dies beispielsweise die Verbindungen PCB (polychlorierte Biphenyle) oder PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe). Durch die Verteilung ĂŒber Boden, Wasser und Luft liegen diese heute ubiquitĂ€r [11] in der Umwelt vor.

Abb. 2+3. Verhalten von Schadstoffen/ Vorkommen von Schadstoffen. VerĂ€nderte Grafik nach: Detlef GlĂŒcklich/ Nicola Fries/ Stephanie Luge u.a.: Ökologisches Bauen. Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten. MĂŒnchen. 2005. S.121.

Der internationale Wettbewerb, Spezialisierung sowie stĂ€ndig neue technische Entwicklungen fĂŒhren trotz der strengeren Umweltschutzauflagen der vergangenen Jahre auch heute stĂ€ndig zu immer aufwendigeren, komplizierteren und auf immer kĂŒrzere Lebensdauer angelegten (Verbund-) Stoffen, deren Materialien systembedingt hĂ€ufig extrem lange Verweildauer besitzen. Betrachtet man nun die Tatsache, dass das jĂ€hrliche Neubauvolumen mit etwa ein bis zwei Prozent des vorhandenen Bestandes höher ist als die Abrissrate (0,5 bis ein Prozent) und gleichzeitig die in GebĂ€ude eingebrachten Stoffmassen um ein Vielfaches höher sind als die anfallenden Abfallmengen, bedeutet dies ein kontinuierliches Anwachsen eines riesigen stofflichen Zwischenlagers. [12]

Abb. 4. Ursachenschema der Schadstoff-Problematik. VerĂ€nderte Grafik nach: GlĂŒcklich/ Fries/ Luge 2005 (Vgl. Abb. 3). S.123.

Die intelligente Fortschreibung des Bestandes

"Das Erbe der Moderne ist janusköpfig, vom Verlust der Langfristperspektive ĂŒber Beschleunigung von Verbrauch und Ökonomisierung von Kultur […]", verdeutlicht vor dem dargestellten Hintergrund die MĂŒnchener Denkmalpflegerin Uta Hassler im Jahr 2002. [13] Da jede Neu-, Umbau- oder Erweiterungsmaßnahme unter den vorher beschriebenen Bedingungen zwangslĂ€ufig zu einer Zuspitzung der Situation fĂŒhrt, schlagen Hassler und der Karlsruher Experte fĂŒr Bauproduktion Niklaus Kohler vor, den GebĂ€udebestand grundsĂ€tzlich neu zu begreifen: "Es zeigt sich, dass gesamtgesellschaftlich nur die intensive Erhaltung und die optimale Nutzung des GebĂ€udebestandes mittelfristig zu einer Entlastung der Umwelt fĂŒhren können. Dadurch wird der GebĂ€udebestand prinzipiell zur wichtigsten und schlussendlich einzigen möglichen Ressource". [14] Diese Idee muss sich, so Hassler und Kohler, in ein "gesamtgesellschaftliches sozio-kulturelles Wertsystem" einfĂŒgen. [15]

Das gegenwĂ€rtige Wirtschaftssystem bietet fĂŒr einen solchen Paradigmenwechsel allerdings wenig Anreize. Die auf stĂ€ndiges Wachstum und Ressourcenverbrauch ausgelegte industrielle Produktion sowie die immer kurzfristigeren Gewinnerwartungen von Unternehmen implizieren eine tendenziell stĂ€ndig kĂŒrzere Lebenserwartung von Materialien und GebĂ€uden. DemgegenĂŒber sieht eine traditionell weit verbreitete Sichtweise GebĂ€ude als grundsĂ€tzlich generationsĂŒbergreifende Langfristprodukte. Und tatsĂ€chlich erreichen – wohl dem unbewussten Festhalten an traditionellen Denkweisen geschuldet – unsere Bauten noch immer eine durchschnittliche Lebensdauer von 80 bis 100 Jahren. [16]

Ein betrĂ€chtlicher Teil der Baumaterialien, die Problemstoffe enthalten, ist bis heute noch nicht wieder in Abrissmaterialien aufgetreten. Er befindet sich gegenwĂ€rtig noch im Bestand und stellt langfristig ein Entsorgungsproblem dar. [17] Vor der (Weiter-) Nutzung dieser Materialien ist im Rahmen einer langfristig nachhaltig angelegten ökologischen SĂ€uberung der Bausubstanz ein RĂŒckbau oder eine Fixierung [18] sĂ€mtlicher human- und ökotoxikologischer Schadstoffe erforderlich. Bei den dieser Schadstoffsanierung folgenden Umbau- oder ErgĂ€nzungsmaßnahmen sind dann Kriterien wie eine nachweisliche Schadstofffreiheit, ReparaturfĂ€higkeit, Demontierbarkeit und sortenreine Trennbarkeit, Recycle-FĂ€higkeit beziehungsweise die Verwendung natĂŒrlicher Baustoffe sowie die Wiederverwendbarkeit von Bauteilen unerlĂ€sslich.

Wenn man den Aufwand fĂŒr Umbauarbeiten einmal unberĂŒcksichtigt lĂ€sst, bringt ein bestehendes GebĂ€ude den PrimĂ€renergieinhalt seiner Baustoffe sowie die Energie, die fĂŒr die Herstellung des GebĂ€udes notwendig war (Graue Energie), bereits mit. Aus der Perspektive einer Ökobilanz stellen diese im GebĂ€ude gespeicherten Materialien und Energien Ergebnisse frĂŒherer Eingriffe in den Naturhaushalt dar. Je lĂ€nger ein Bauwerk genutzt wird, ĂŒber einen desto lĂ€ngeren Zeitraum verteilt sich dieses Kapital von Umweltbelastungen und desto weniger Ressourcen werden fĂŒr sie relativ verbraucht.

Die Lebensdauer ist allerdings nicht der einzige Gesichtspunkt, der in die Betrachtung von Stoffströmen im Bauwesen einzufließen hat. Um Fehlerquellen in Stoffstrombilanzen auszuschließen, sind weitere Punkte zu berĂŒcksichtigen:

 

Schadstoffe

Beim Einsatz wiederverwendeter Baustoffe oder der Weiterverwendung von Bauteilen muss eine Verbreitung von Schadstoffen [19] ausgeschlossen werden. Neben dem Vorhandensein als primĂ€re Einsatzstoffe und deren Weiterverbreitung aufgrund von unzureichendem Wissen ĂŒber die Zusammensetzung des Produktes können Gefahrstoffe ĂŒber Emission und Kontamination bereits im Bestand oder ĂŒber den Recyclingprozess auf ursprĂŒnglich nicht kontaminierte Materialien ĂŒbertragen werden. Auf diese Weise entstehen sekundĂ€re Problemstoffe oder SekundĂ€rquellen. Hierbei kann es auch zu Wechselwirkungen und Entstehung von neuen Stoffgemischen mit bisher nicht ausreichend erforschten Auswirkungen kommen. Ebenso wie bei der Sanierung sind Fachkenntnisse und sorgfĂ€ltige Untersuchungen notwendig.

Recycling oder Downcycling?

Bei der Verwendung des Begriffes Recycling wird hĂ€ufig nicht unterschieden, ob es sich um tatsĂ€chliches Re-cycling handelt, oder nicht vielmehr – wie in den immer noch meisten FĂ€llen – um ein Downcycling: die "ĂŒbliche Praxis, Materialien so zu recyceln, dass viel wertvolles Material nicht mehr als Rohmaterial fĂŒr zukĂŒnftige Prozesse genutzt werden kann, sondern statt dessen verloren geht". [20] Bei einem echten Recycling unter Vermeidung negativer Umweltauswirkungen in den einzelnen ProzessverlĂ€ufen kann die lange Verweildauer von Materialien auch eine positive Materialeigenschaft darstellen, sofern man sie als Ressourcen fĂŒr eine kĂŒnftige Neunutzung begreift.

SanierungsfolgeschÀden

Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass aufgrund von undifferenzierten Standardsanierungen auch bei hochwertigen Objekten immer hĂ€ufiger SanierungsfolgeschĂ€den auftreten. Die mit den kontinuierlich aktualisierten Energieeinsparverordnungen immer höheren Anforderungen an die DĂ€mm-FĂ€higkeit und Dichtigkeit der AußenhĂŒlle machen deshalb eine sorgfĂ€ltige und fachliche Voruntersuchung der vorhandenen Substanz um so wichtiger, da zur ErfĂŒllung der bauphysikalischen Anforderungen aufeinander und auf die (Einbau-) Situation abgestimmte Bauteile und Materialien zwingend erforderlich sind. Durch die Abwicklung ĂŒber pauschale Sanierungspakete wird "zuviel ersetzt, zu wenig repariert", [21] falsche AnschlĂŒsse können schnell zu BauschĂ€den – beispielsweise durch Kondensation innerhalb der Bauteile zur Entstehung von Feuchtigkeit und Schimmel – fĂŒhren. Neben bauphysikalischen Folgen sind gesundheitliche Auswirkungen die Folge. Diesen gilt insofern eine grĂ¶ĂŸere Aufmerksamkeit, als dass die in der Regel dichtere AußenhĂŒlle zu einer erhöhten Konzentration an die Innenraumluft abgegebener (Schad-) Stoffe fĂŒhrt.

Probleme der Bestandsentwicklung am Beispiel WÀrmedÀmmung

Die Relevanz der vorgestellten ergĂ€nzenden Kategorien wird eindringlich an einem heute sehr weit verbreiteten Sanierungsverfahren deutlich. Bei der Sanierung bestehender GebĂ€ude ist normalerweise eine energetische Verbesserung der AußenhĂŒlle erforderlich. Ein vergleichsweise kostengĂŒnstiges und technisch anerkanntes System sind WĂ€rmedĂ€mmverbundsysteme, kurz WDVS. Als billige Variante bestehen sie in der Regel aus einer DĂ€mmschicht, die flĂ€chig auf die bestehende Fassade aufgeklebt wird, einem Armierungsgewebe, das in der Regel ebenfalls aus Kunststoff besteht, und aus hĂ€ufig kunststoffmodifizierten Zementklebeputzen sowie Fassadenfarbe. Die einzelnen Schichten und Kleber enthalten zur Verbesserung ihrer Eigenschaften ebenfalls zahlreiche, zum Teil giftige Zusatzstoffe. Durch den luftdichten Aufbau kommt es durch Sonneneinstrahlung, NachtauskĂŒhlung und Kondensatbildung an der OberflĂ€che zu verstĂ€rktem Algenwachstum. Um dieser (rein optischen) BeeintrĂ€chtigung entgegen zu wirken, sind den Fassadenfarben dieser Systeme zusĂ€tzlich Fungizide und Pestizide zugesetzt, die sich ausgewaschen durch Niederschlag in der Umwelt verteilen und nachweislich bei Mensch und Tier gesundheitsschĂ€digend wirken.

Bei der Auswahl dieser DĂ€mmsysteme wird die Betrachtung viel zu oft einseitig auf die Isolierung der GebĂ€udehĂŒlle und der daraus resultierenden Heizenergieeinsparung gelegt. Nachhaltigkeit im Bauwesen geht aber weit darĂŒber hinaus. Die Verwendung problematischer Stoffe im dargestellten "Sanierungs"-Verfahren fĂŒhrt im Gegenteil bereits in der Herstellung zu kostenintensiveren Maßnahmen und gesundheitlichen Belastungen. Je nach Aufbau des WĂ€rmedĂ€mmverbundsystems und der Einbausituation werden bauphysikalische Auswirkungen ignoriert, bestimmte Additive sind sogar als "cmr" (kanzerogen, mutagen und/ oder reproduktionstoxisch) eingestuft. Die nach heutigem Stand der Technik erreichbare schadensfreie Lebensdauer der beschriebenen WĂ€rmedĂ€mmverbundsysteme liegt bei ca. 22 Jahren. [22] Die verklebte und nicht mehr sortenrein zu trennende, hochproblematische Stoffmischung ist schließlich als SondermĂŒll zu entsorgen. Seit EinfĂŒhrung des WĂ€rmedĂ€mmverbundsystems im deutschsprachigen Raum wurden geschĂ€tzte 600 Millionen Quadratmeter dieser OberflĂ€chen eingebaut. [23]

Eine wirklich nachhaltige ErtĂŒchtigung der Fassade sollte demgegenĂŒber vornehmlich aus natĂŒrlichen, sortenrein trennbaren, gegebenenfalls mineralischen Baustoffen bestehen. Die Wahl ist unter BerĂŒcksichtigung der bestehenden Außenwand zu treffen (Material, Rohdichte, Taupunkt usw.). Eine mögliche Alternative zu den beschriebenen WĂ€rmedĂ€mmverbundsystemen sind gedĂŒbelte DĂ€mmplatten, beispielsweise aus Hanf, [24] mit einer vorgesetzten und mechanisch befestigten Schalung oder PutztrĂ€gerplatte. Nicht selten möchte man die vorhandene Fassade und Einbausituation der Fenster aus Ă€sthetischen oder gar denkmalpflegerischen Gesichtpunkten erhalten. In diesem Fall eignen sich von innen aufzubringende DĂ€mmsysteme, beispielsweise MineralschaumdĂ€mmung mit einer mineralischen TrĂ€gerplatte und abschließendem Kalkputz. Je nach der vorhandenen Grundsubstanz stellen HolzweichfaserdĂ€mmplatten, Lehmbauplatten und Lehmputz eine Alternative dar. Bei beiden Aufbauten wirken sich in den Putz eingelegte Heizschlangen positiv aus. Bauphysikalisch wichtig ist hierbei, dass der Taupunkt nicht innerhalb des Aufbaues liegt. Nicht zuletzt kann diese Art der ErtĂŒchtigung zu einer Verbesserung der Innenraumluft beitragen.

Abb.5. KindertagesstĂ€tte Plappersnut, Wismar. Ökologisch und energetisch nachhaltiger Umbau und Sanierung eines etwa 350 Mal auf dem Gebiet der ehemaligen DDR identisch gebauten Plattenbau-Grundschultyps zu einer KindertagesstĂ€tte. Abbildungen mit freundlicher Genehmigung des Igel Instituts Wismar.

Das Cradle to Cradle® Designkonzept

Sehr viel weiter als die zu Beginn genannte Bauproduktenverordnung, welche in Zukunft die vollstĂ€ndige Wiederverwendung aller in GebĂ€uden verbauter Stoffe zur Pflicht machen wird, reicht ein Ansatz, der unter dem Begriff Cradle to Cradle® bekannt geworden ist. Das Cradle to Cradle® – Konzept beschrĂ€nkt sich nicht auf das Bauwesen, sondern betrachtet ganz allgemein die Herstellung und den Verbrauch menschlicher GĂŒter und deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Die BegrĂŒnder des Modells, Michael Braungart und William McDonough, [25] fordern einen positiven Paradigmenwechsel: ein von Anfang an neu gedachtes VerstĂ€ndnis von Produktdesign. Auf diese Weise ist Cradle to Cradle® (deutsch etwa: "von der Wiege zur Wiege") oder kurz "C2C®" eine der konsequentesten Theorien fĂŒr die Entwicklung zu einer nachhaltigen Gesellschaft. Stoffströme werden durch StoffkreislĂ€ufe ersetzt: alle Ver- und GebrauchsgĂŒter werden in einem System hergestellt, das geschlossene MaterialkreislĂ€ufe ermöglicht und in dieser Konsequenz frei von AbfĂ€llen bleibt. Da in dieser Betrachtungsweise Abfall gleich Nahrung ist und Produkte als NĂ€hrstoffe (=Ressourcen) begriffen werden, geht es nicht mehr um "weniger schĂ€dlich", sondern um "nĂŒtzlich". Braungart und McDonough sprechen von einem "Konsumieren ohne schlechtes Gewissen". Ein "Schuld"-Management eines lediglichen Vermeidens oder Minimierens von Abfall wird grundsĂ€tzlich abgelehnt.

Abb.6. Das Cradle to Cradle - Konzept. Der biologische und der technische NĂ€hrstoffkreislauf. Abbildung mit freundlicher Genehmigung der EPEA GmbH.

 

Der biologische und der technische Kreislauf

"NĂ€hrstoffe" im Sinne der C2C®-Konzeption zirkulieren in zwei KreislĂ€ufen. VerbrauchsgĂŒter sind Bestandteil in einem biologischen Metabolismus: als biologisch abbaubare Produkte stellen sie NĂ€hrboden fĂŒr neue natĂŒrliche Rohstoffe dar. GebrauchsgĂŒter sind Teil in einem technischen Kreislauf: Die technischen "NĂ€hrstoffe" zirkulieren in geschlossenen Systemen auf einem bestĂ€ndigem QualitĂ€tsniveau. Der geschlossene Kreislauf ist als Voraussetzung fĂŒr die Verwendung toxischer Stoffe notwendig. SorgfĂ€ltige Materialauswahl und Demontierbarkeit sind wesentlich. Als GebrauchsgĂŒter werden die Produkte der Kreislaufwirtschaft nach dem Leasing-Prinzip wie eine Dienstleistung beispielsweise gegen eine GebĂŒhr beziehungsweise mit RĂŒcknahmegarantie genutzt. Nach einer definierten Nutzungsdauer gehen die Materialien zurĂŒck an den Hersteller. Dieser wiederum ist als der "Besitzer" einer Material-"Bank" eher geneigt, von vorneherein höherwertige Materialien zu verwenden, da er sie spĂ€ter zur Wiederverwendung zurĂŒck erhĂ€lt. [26]

Die drei Grundprinzipien des Cradle-to-Cradle®–Konzeptes sind: Abfall ist gleich Nahrung, also ein vollstĂ€ndiges Vermeiden von Abfall, die Förderung und Nutzung erneuerbarer Energien sowie die Förderung kultureller und biologischer Vielfalt (BiodiversitĂ€t, konzeptionelle und kulturelle DiversitĂ€t). Das Modell entwirft ein "Produktionssystem, das alle AnsprĂŒche an ökonomische und ökologische VerfĂŒgbarkeit und soziale Gleichheit sowohl kurz- als auch langzeitig erfĂŒllt […]". [27] Braungart und McDonough sprechen selbst von der "nĂ€chsten industriellen Revolution". [28]

Ein weiterer Begriff, den Braungart und McDonough einfĂŒhren, ist der Terminus Öko-EffektivitĂ€t. Braungart und McDonough grenzen Öko-EffektivitĂ€t bewusst von Öko-Effizienz ab, unter der die Autoren die gĂ€ngige Praxis der Schadensbegrenzung verstehen. Öko-EffektivitĂ€t ist als integrale Betrachtungsweise die Voraussetzung fĂŒr die angestrebte ökologisch-industrielle Revolution. In ihrem Buch Einfach intelligent produzieren formulieren die Autoren ein Programm von "FĂŒnf Schritten zur Öko-EffektivitĂ€t". [29] Die ersten Schritte betreffen die Grundlagen fĂŒr die Vermeidung von Schadstoffen: sortenreine Trennbarkeit, Demontierbarkeit, den Einsatz zertifizierter Produkte, Regenerierbarkeit und "ökologische Intelligenz" beispielsweise in der Nutzung von Synergieeffekten. Die folgenden Schritte betreffen die Kategorisierung aller beteiligten Inhaltsstoffe, die Erstellung von PrĂ€ferenzlisten und die Suche nach Ersatzstoffen. Mit der Herstellung eines neuen Produktes unter Vermeidung der mit dem alten Produkt verbundenen Probleme beginnt schließlich ein Denken in stofflichen KreislĂ€ufen. Auf diese Weise konnten bereits zahlreiche Produkte entwickelt werden: ein essbarer Sitzbezug fĂŒr Airbus, "wiederverwendbare" Turnschuhe oder ein BĂŒrostuhl, dessen Einzelteile kompostierbar sind. [30]

Cradle to Cradle® zielt allerdings nicht nur auf ein vollstĂ€ndiges Recycling, sondern auch auf die Erhöhung des Nutzwertes von Produkten – auf ein "Upcycling". Unter dieser Vorgabe kann man damit beginnen, alles neu zu erfinden. GebĂ€ude werden nicht nur als Wohn- und ArbeitsstĂ€tten begriffen, sondern fungieren gleichzeitig als Luftreiniger, Energieproduzenten und Lebensraum fĂŒr Pflanzen und Tiere.

Abb.7. Bionorica-Zentrale in Neumarkt. Michael Braungart erlĂ€utert: "Wir brauchen keine PassivhĂ€user, sondern EnergieplushĂ€user, welche die Luft reinigen. Die Innenraumluft herkömmlicher Bauten ist drei bis acht Mal schlechter als die schlechteste Berliner Außenluft. Ein konkretes Beispiel fĂŒr ein GebĂ€ude mit C2C® Elementen ist die neue Firmenzentrale der Bionorica in Neumarkt. Die Fenster von SchĂŒco hat der Bauherr nicht gekauft, sondern nur fĂŒr 25 Jahre geliehen, also eine Durchguckversicherung abgeschlossen. Die Teppichböden sind ebenfalls nur geliehen, die verwendeten Farben reinigen aktiv die Luft, der verarbeitete Beton von Heidelberg Cement ist frei von Stickoxiden und organischen Kohlenwasserstoffen. Der Stahl kommt ohne seltene Buntmetalle aus und auch die BĂŒromöbel entsprechen C2C®. Die Zielsetzung sollte sein, die Innenraumluft unserer HĂ€user besser zu machen als die Außenluft." [31] Abbildung verĂ€ndert nach: Bionorica Forschungsmagazin. 01/2006 mit freundlicher Genehmigung der EPEA GmbH.

GebÀude mit einer definierten Lebensdauer

Wenn Baustoffe als Bestandteile natĂŒrlicher KreislĂ€ufe biologisch abgebaut werden oder als technischer "NĂ€hrstoff" mit RĂŒckgabesystem im Besitz des Herstellers bleiben, und wenn außerdem die fĂŒr Bau-, Betriebs- und Abbruchprozesse eingesetzte Energie regenerierbar ist, wird die Frage nach der Lebensdauer von GebĂ€uden aus ökologischer Sicht obsolet. McDonough und Braungart schlagen geleaste Bauwerke mit einer definierten Lebensdauer vor. FĂŒr Gewerbe- und Industriebauten könnte die Lebensdauer von ProduktionsstĂ€tten auf eine bestimmte Anzahl von Jahren festgelegt werden, die in AbhĂ€ngigkeit von ProduktionszeitrĂ€umen oder von der geplanten Einsatzzeit der Maschinen steht. Konstruktion und haustechnische Anlagen können optimal fĂŒr diese Zeit dimensioniert werden. WohngebĂ€ude können entsprechend fĂŒr bestimmte Lebensphasen erstellt werden: Zum Beispiel fĂŒr die Zeit, in der die Kinder aufwachsen. Nach 15 bis 20 Jahren wandelt sich, nachdem die Kinder aus dem Elternhaus ausgezogen sind, nicht nur der Raumbedarf, in der Regel werden auch Instandsetzungen und haustechnische Erneuerungen notwendig. Um bei einem RĂŒckbau die SystemrĂŒckfĂŒhrung der Materialien sicher zu stellen, wird vorgeschlagen, "den Materialien selbst Informationscodes zu allen Inhaltsstoffen auf[zu]prĂ€gen, in einer Art Upcycling-Pass, der von Scannern gelesen von zukĂŒnftigen Generationen produktiv genutzt werden kann". [32]

Dauerhafte GebÀude

Neben den unter Anderen von den Vertretern der C2C®-Konzeption vorgeschlagenen GebĂ€uden mit einer definierten Lebenszeit werden aber auch nach wie vor GebĂ€ude entstehen, deren Lebensende offen ist. FĂŒr die Konstruktion und die Bauteile dieser GebĂ€ude mĂŒssen unter dem Leitgedanken der ökologischen Nachhaltigkeit Konzeptionen entwickelt werden, die eine dauerhafte Nutzung und eine Ă€sthetische Alterung ermöglichen. Wenn bei GebĂ€uden mit einer definierten Lebensdauer die Nutzung die Lebenszeit bestimmt, mĂŒssen im Umkehrschluss die fĂŒr einen langfristigen Gebrauch geplanten GebĂ€ude idealer Weise nutzungsvariabel sein. GebĂ€ude und RĂ€ume mĂŒssen im Laufe der Zeit an verschiedene Nutzungen angepasst werden können.

Um diese AnpassungsfĂ€higkeit zu ermöglichen, ist im Inneren dieser GebĂ€ude eine klare und einfache Struktur förderlich. Die Ă€ußere HĂŒlle des Bauwerks muss sich an die spezifischen Begebenheiten des Ortes anpassen und sich in seine Umgebung integrieren. Zu einem ökologisch fortschrittlichen Alterungsprozess gehört eine positive Beeinflussung des Mikroklimas, die BerĂŒcksichtigung lokaler Wasser- und NĂ€hrstoffkreislĂ€ufe sowie die Nutzung erneuerbarer Energien (standortabhĂ€ngig unterschiedlich vielfĂ€ltig).

Smart Materials

In Zukunft werden auch sogenannte Smart Materials eine wesentliche Rolle spielen. Mit ihrer OberflĂ€che, Textur oder Transluzenz ermöglichen sie – gemeinsam mit einer digital vernetzten GebĂ€ude- und Medientechnik (Smart Technologies) [33] – eine Anpassung an Ă€ußere EinflĂŒsse, Witterungs- und LichtverhĂ€ltnisse oder Jahreszeiten. Entsprechend den Ă€ußeren Rahmenbedingungen verĂ€ndert sich die GebĂ€udeoberflĂ€che und macht Zeit zur vierten (Planungs-) Dimension. Nach Ansicht der US-amerikanischen Architekten und Designtheoretiker Sheila Kennedy und Veit Kugel stellt in "Ihrem Einbeziehen von Zeit [...] die PolyfunktionalitĂ€t performativer OberflĂ€chen in der Architektur das moderne Credo Form follows Function in Frage". [34] Sie sprechen von einer Akzentverschiebung vom offenen zum rekonfigurierbaren Grundriss, der entweder neutral oder ĂŒber die Zeit anpassungsfĂ€hig sein muss. Energietechnisch ermöglicht die Kombination aus dynamischem Materialverhalten und innovativen Technologien eine dezentrale Versorgung aus erneuerbaren Quellen, die im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung auch die soziale und ökonomische UnabhĂ€ngigkeit von zentralisierten Systemen fördert.

Schlussfolgerungen

Aus rein ökologischer Sicht sind die Ziele bautechnischer Nachhaltigkeit klar zu formulieren: Die Basis jeder Diskussion ĂŒber den Fortbestand oder die Entstehung eines GebĂ€udes ist die Human- und UmweltvertrĂ€glichkeit seiner Materialien. Ökologische VertrĂ€glichkeit impliziert die nachhaltige Nutzung der natĂŒrlichen Ressourcen.

Ein erster Schritt zur Umsetzung dieser Ziele ist die Befreiung des Bestandes von sĂ€mtlichen schadstoffbelasteten Materialien. Die hierzu notwendigen Maßnahmen können nicht pauschal formuliert werden. Da es sich in der Regel um komplexe ZusammenhĂ€nge handelt, mĂŒssen geeignete Sanierungsstrategien mit fachlicher oder wissenschaftlicher UnterstĂŒtzung individuell festgelegt werden. Hier kommt dem GebĂ€udebestand eine zentrale Rolle zu. Da aber jeder Neubau mit seiner Fertigstellung zu einem Teil des Bestandes wird, muss Neubauten genau die gleiche Aufmerksamkeit zugewandt werden.

Wenn in Zukunft ausschließlich human- und umweltvertrĂ€gliche Baustoffe zum Einsatz kommen sollen, sind mehrere Maßnahmen erforderlich. An erster Stelle muss eine offene und fĂŒr die breite Öffentlichkeit sowohl verstĂ€ndliche wie zugĂ€ngliche AufklĂ€rung ĂŒber bautechnische Fehler der Vergangenheit stehen. Dies schließt auch jĂŒngste Sanierungsfehler ein, wie beispielsweise die erwĂ€hnten hochproblematischen 600 Millionen Quadratmeter belasteter WĂ€rmedĂ€mmverbundsysteme. Ein zweiter Schritt ist die konsequente gesetzliche Unterbindung nicht qualifizierter Baustoffe. Der Gesetzgeber ist hier auf die Expertise unabhĂ€ngiger Institute angewiesen (vgl. Bauproduktenverordnung 2010). Parallel dazu ist eine tiefgreifende Integration der Regeln nachhaltigen, kreislaufbasierten Entwerfens und Konstruierens in die Ausbildung aller am Bauprozess Beteiligten erforderlich. Erst eine nachhaltige ökologische Entwicklung ermöglicht den dauerhaften Fortbestand und die ErgĂ€nzung bestehender Bauwerke.

Grundregeln der Human- und UmweltvertrĂ€glichkeit sind eine optimierte Nutzung von Ressourcen und Stoffströmen, Schadstofffreiheit, Abfallvermeidung, die Trennbarkeit und die Wiederverwendbarkeit von Bauteilen. Werden diese Grundregeln beachtet, können Sanierungen, ErgĂ€nzungen, Um- oder Neubauten mit einer fest definierten Lebensdauer oder mit einer dauerhaften Nutzungsperspektive ohne ökologische Nachteile verwirklicht werden. Dies gilt auch fĂŒr den RĂŒckbau bestehender Strukturen, wenn dieser aus stĂ€dtebaulichen oder Ă€sthetischen GrĂŒnden oder wegen unwirtschaftlicher Sanierungskosten erforderlich ist.

In dem Maße, in dem bei Verwirklichung einer nachhaltigen Architektur die Frage nach der Lebensdauer von Bauten an Wichtigkeit verliert, gewinnen die Lebens-QualitĂ€t und die Lebens-Aufgaben von GebĂ€uden an Bedeutung. Als Teil ihres stĂ€dtischen Umfeldes können nachhaltige GebĂ€ude in Zukunft neue, energetisch-funktionale Aufgaben ĂŒbernehmen, indem sie zu dezentralen Infrastruktursystemen, Kraftwerken, Energiespeichern oder Funktionspunkten innerhalb eines stĂ€dtischen Netzwerkes werden. Angesichts des FlĂ€chenverbrauchs und der damit einhergehenden FlĂ€chenversiegelung ist auch in Zukunft eine angemessene rĂ€umliche Verdichtung bei gleichzeitiger Verbesserung des lokalen Mikroklimas und der Boden-, NĂ€hrstoff- und WasserqualitĂ€t erforderlich. [35] Unter dem Begriff der qualitativen Dichte lassen sich ökologische, mikroklimatische, rĂ€umliche oder soziale Aufgaben zusammenfassen. Ästhetische Anforderungen sowie Belange des Denkmalschutzes sind in diesem Rahmen grundlegende Bestandteile einer nachhaltigen Architektur.

Mit einem neuen VerstĂ€ndnis von Architektur als Teil einer Kreislaufwirtschaft und nicht mehr als Ausdruck einer individuellen Entwerfer-Bauherren-Beziehung werden Architekten und Planer, Nutzer und Auftraggeber auf eine völlig neue Weise in die Verantwortung genommen. Die zum Teil völlig neuen Aufgaben stellen eine große Herausforderung dar. In einem Design- und Herstellungsprozess, der ausschließlich auf Materialien zurĂŒckgreift, die vollstĂ€ndig wiederverwertet werden können, muss sich der Architekt in Zukunft sehr viel mehr als heute mit Materialforschung beschĂ€ftigen. Zwischen den einzelnen Fachdisziplinen werden in Zukunft eine sehr viel engere integrative Zusammenarbeit und ĂŒbergreifendere Kenntnisse erforderlich sein.

Abb.8. Humanethologisches Dreieck. Die Humanethologie (Wissenschaft vom menschlichen Verhalten) geht davon aus, dass der Mensch im Prozess der Evolution Verhaltenskonstanten erworben hat. Nach Eckart Hahn, Honorarprofessor fĂŒr ökologischen StĂ€dtebau an der UniversitĂ€t Dortmund, sind diese auch fĂŒr die Freiraumgestaltung sowie die Mensch-Umwelt-Beziehung relevant. Abbildung bearbeitet nach: PrĂ€sentation Eckart Hahn. Berlin. 2004. Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Eckhart Hahn.

Fazit

Die Forderung nach der HumanvertrĂ€glichkeit von Baustoffen rĂŒckt das Wohlbefinden der GebĂ€udenutzer wieder in den Vordergrund. Da es bei Architektur primĂ€r um die Schaffung von Raum geht und RĂ€ume von Menschen genutzt werden, ist der öko- und humanvertrĂ€gliche Umgang mit GebĂ€uden und ihren Baustoffen eine zwingend logische Folge.

Das Cradle to Cradle® Konzept wird aktuell in verschiedenen europĂ€ischen StĂ€dten als Modellversuch erprobt und soll ganze Stadtstrukturen erfassen. [36] Die Verwirklichung von lokaler Energie- und RohstoffunabhĂ€ngigkeit durch den Übergang zu einer ökologischen Kreislaufwirtschaft hĂ€tte langfristig enorme Auswirkungen auf Politik und Wirtschaft. Sie ermöglicht GebĂ€ude, die ohne von außen zugefĂŒhrte Energie auskommen, keine Emmissionen verursachen und beim Abbruch abfallfrei wieder in den Materialkreislauf zurĂŒckkehren. [37] Auf diese Weise wĂŒrde die in der Nachhaltigkeitsdebatte viel diskutierte Quellen-Senken-Problematik ohne EinschrĂ€nkung lokaler Lebensbedingungen oder VerbrĂ€uche obsolet, da in der ökologischen Kreislaufwirtschaft, wie im Cradle to Cradle®-Modell vorgestellt, Altes die Grundlage von Neuem ist.

FĂŒr den Einsatz von Technik könnte in diesem Zusammenhang eine allgemeine Strategie lauten: "So einfach und wenig wie möglich, so viel wie nötig." Um fĂŒr die skizzierten komplexen ZusammenhĂ€nge öko-intelligente Lösungen zu entwickeln, sind ein ganzheitlicher Ansatz, die Nutzung von Synergien sowie der Einsatz von alten und von neuen Technologien erforderlich. [38] Der historisch-bewĂ€hrte Baustoff Lehm hat sich beispielsweise von einem zwischenzeitlich gering geschĂ€tzten Material, mittlerweile zu einem wiederentdeckten und technisch verbesserten Baustoff entwickelt, der in hochwertigen und sensiblen Bereichen eingesetzt wird und dort positiv auf das Innenraumklima wirkt. [39]

In Politik und Gesellschaft ist der Wille fĂŒr ein Umsteuern in Fragen der Nachhaltigkeit offenbar vorhanden; erfolgversprechende Strategien und technische Konzepte fĂŒr eine nachhaltige Bau- und Lebensweise liegen ebenfalls vor. Die Voraussetzungen sind also sehr vielversprechend. Zwei Zitate erklĂ€ren, warum der Übergang in eine nachhaltige Wirtschaftsweise mehr als je erforderlich ist:

"Wissen wird, anders als Warendurchsatz, nicht verringert, wenn man es teilt, sondern vervielfĂ€ltigt […] Existierendes Wissen ist der wichtigste Input fĂŒr die Produktion neuen Wissens, und dieses kĂŒnstlich knapp und teuer zu halten, ist pervers." [40]

"Wir mĂŒssen die falschen Ideen sterben lassen, bevor die Menschen wegen falscher Ideen sterben." [41]

Die gesundheitlichen Wirkungen unserer GebĂ€ude betreffen mittelbar oder unmittelbar jeden, Information ĂŒber Inhaltsstoffe, Auswirkungen und deren ZusammenhĂ€nge sind dagegen in der Regel nur schwer zugĂ€nglich. Informationen unterliegen hĂ€ufig wirtschaftlichen Eigeninteressen; sie werden aus ihrem Kontext herausgelöst, instrumentalisiert, manipuliert und fĂŒr politische und ökonomische Zwecke benutzt (so etwa in der Propagierung von WĂ€rmedĂ€mmverbundsystemen). Eine gebaute Umwelt ohne gesundheitliche BeeintrĂ€chtigung sowie der freie Zugang zu Informationen sollten als ein allgemeines menschliches GrundbedĂŒrfnis begriffen werden. Deshalb ist die Forderung nach Transparenz ĂŒber die Wirkungen gegenwĂ€rtiger Baustoffe und Verfahren ein wichtiger Schritt. Eine transparente Informationspolitik wĂŒrde ZusammenhĂ€nge offen legen und die richtigen Produkte wĂŒrden im Idealfall automatisch den falschen vorgezogen. Jedermann sollte einen derartigen Zugang zu relevanten Informationen erhalten können. Erst diese Konstellation eröffnet die Perspektive auf eine nachhaltige Um-(baute)Welt als ein allgemeines Gut.



[1] "Der Begriff der Nachhaltigkeit gilt seit einigen Jahren als Leitbild fĂŒr eine zukunftsfĂ€hige Entwicklung der Menschheit [...] Erstmals wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit vor etwa 300 Jahren formuliert. Hans Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann am kursĂ€chsischen Hof in Freiberg (Sachsen), forderte 1713 in seinem Werk Sylvicultura oeconomica, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmĂ€ĂŸige Aufforstung durch SĂ€en und Pflanzen wieder nachwachsen konnte und gilt deshalb als Schöpfer des forstwirtschaftlichen Nachhaltigkeitsbegriffes." Internetseite der Aachener Stiftung Kathi Beys: Hans von Carlowitz, 1713. URL: http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/hans_carl_von_carlowitz_1713_1393.htm.

[2] "Nachhaltige Entwicklung definierte der Brundtland-Bericht als eine Entwicklung, die im Einklang mit gegenwĂ€rtigen wie mit zukĂŒnftigen BedĂŒrfnissen steht [...] Er betont , dass das natĂŒrliche System der Erde nur endliche KapazitĂ€ten fĂŒr die menschliche Produktion und den menschlichen Konsum habe und dass die Fortsetzung der existierenden Ökonomie das Risiko einer irreversiblen Zerstörung des natĂŒrlichen Systems, von dem alles Leben abhĂ€ngt, in sich trage." Pamela S. Chasek/ David L. Downie/ Janet Welsh Brown: Handbuch Globale Umweltpolitik. Berlin. 2006. (12000: Global Environmental Politics). S.49.

[3] Das Drei-SĂ€ulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung ist u.a. von der EnquĂȘte-Kommission des 12. Deutschen Bundestages Schutz des Menschen und der Umwelt formuliert worden. Es geht von der integrativen und gleichberechtigten BerĂŒcksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Belange aus. Die Umsetzung dieser Vorstellung macht es notwendig, das Modell einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft ĂŒberall auf der Welt zur Grundlage nachhaltiger Entwicklung werden zu lassen. URL: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_3414/DE/BMF__Startseite/Service/Glossar/N/001__Nachhaltigkeit.html

[4] Robert Goodland/ Herman Daly: "Die Notwendigkeit und Dringlichkeit ökologischer Nachhaltigkeit." In: Natur und Kultur 5/2 (2004). S.31-32. Vgl. auch: Gesellschaft fĂŒr ökologisch-nachhaltige Entwicklung. URL: http://www.umweltethik.at.

[5] Als Grundlage der folgenden Betrachtungen dienen vor allem die Recherchen von Uta Hassler und Niklaus Kohler, die sich neben der Studie fĂŒr die EnquĂȘte-Kommission in zahlreichen Veröffentlichungen mit dem Thema des Umganges mit dem Bestand – und dabei insbesondere mit den Nachkriegsbauten – auseinandergesetzt haben. Prof. Dr. Uta Hassler und Niklaus Kohler, Dipl.Arch.EPFL-SIA, Dr.Ăšs.sc.techn.Professor (i.R.) lehren und forschen beide (U.H. seit 2005, N.K. seit 2007) am Institut fĂŒr Denkmalpflege und Bauforschung der ETH ZĂŒrich.

[6] Die Bauproduktenverordnung ist eine Verordnung des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Bedingungen fĂŒr die Vermarktung von Bauprodukten. Die FachanwĂ€lte fĂŒr Umweltrecht Jens Nusser, Michael Halstenberg und Christine Rester kommentieren: "Ein wichtiger Entwicklungsschritt [...] ist die EinfĂŒhrung der neuen Bauproduktenverordnung, in der zusĂ€tzlich die neue Basisanforderung Nr. 7 Nachhaltige Nutzung NatĂŒrlicher Ressourcen aufgenommen wurde." Jens Nusser/ Michael Halstenberg/ Christine Rester: Green Building / Nachhaltiges Bauen. Berlin: HFK RechtsanwĂ€lte, April 2010. S. 67. URL: http://www.hfk-rechtsanwaelte.de/client/media/321/green_building_web.pdf. Die Basisanforderung Nr.7 lautet: "Nachhaltige Nutzung NatĂŒrlicher Ressourcen. Das Bauwerk muss derart entworfen, errichtet und abgerissen werden, dass die natĂŒrlichen Ressourcen nachhaltig genutzt werden und Folgendes gewĂ€hrleistet ist: a) Das Bauwerk, seine Baustoffe und Teile mĂŒssen nach dem Abriss recycelt werden können. b) Das Bauwerk muss dauerhaft sein. c) FĂŒr das Bauwerk mĂŒssen umweltfreundliche Rohstoffe und SekundĂ€rbaustoffe verwendet werden." Kommission der EuropĂ€ischen Gemeinschaften: Vorschlag fĂŒr eine Verordnung des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Bedingungen fĂŒr die Vermarktung von Bauprodukten. BrĂŒssel. 23.05.2008.

[7] Vgl.: Tilman Harlander: "Wohnen und Stadtentwicklung in der Bundesrepublik". In: Ingeborg Flagge (Hg.): Von 1945 bis heute, Aufbau – Umbau – Neubau. 1999. S.233-417, hier S.237-239. Geschichte des Wohnens Bd.5.

[8] Vgl.: "Über Risiken des Verschwindens und Chancen intelligenter Schrumpfung – ein GesprĂ€ch mit Uta Hassler". In: Detail 2002. S.1212-1217, hier S.1212.

[9] Vgl. Uta Hassler/ Niklaus Kohler: "Umbau – Die Zukunft des Bestandes". In: Baumeister 4. 1998. S.34-41.

[10] Zur Definition der Begriffe "Problem-", "Schad-" und "Gefahrstoff" vgl. Uta Hassler/ Niklaus Kohler/ Herbert Paschen: Stoffströme und Kosten in den Bereichen Bauen und Wohnen. Bonn. 1999. 138-139.

[11] In der Ökologie dient das Wort "ubiquitĂ€r" zur Kennzeichnung von Substanzen, die in großer Menge verwendet werden und relativ reaktionstrĂ€ge sind. Diese Stoffe können sich in der gesamten Umwelt stark ausbreiten bevor sie abgebaut werden: Vgl. Heinrich Bruckner/ Ulrich Schneider: Naturbaustoffe. DĂŒsseldorf. 1998. S. A14.

[12] Hassler/ Kohler 1998 (Vgl. Anm.  [9]).

[13] "Über Risiken des Verschwindens und Chancen intelligenter Schrumpfung – ein GesprĂ€ch mit Uta Hassler". In: Detail 2002. S.1212-1217; hier S.1214.

[14] Niklaus Kohler: Stand der Ökobilanzierung von GebĂ€uden und GebĂ€udebestĂ€nden. Karlsruhe. 1998. S. 9. Kohler war Professor am Institut fĂŒr Industrielle Bauproduktion (ifib) der UniversitĂ€t Karlsruhe bevor er 2007 zum Institut fĂŒr Denkmalpflege und Bauforschung der ETH ZĂŒrich wechselte.

[15] Hassler/ Kohler 1998 (Vgl. Anm.  [9]).

[16] Hassler/ Kohler 1998 (Vgl. Anm.  [9]).

[17] Hassler/ Kohler 1998 (Vgl. Anm.  [9]).

[18] Wenn in Bauteilen fest gebundene Schadstoffe in eingebautem Zustand nachweislich keine Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben, also fixiert sind, besteht kein zwingender Grund, sie auszubauen.

[19] Problem-, Schad-, Gefahrstoff. Vgl. Uta Hassler/ Niklaus Kohler/ Herbert Paschen: Stoffströme und Kosten in den Bereichen Bauen und Wohnen. Bonn. 1999, hier S.138-139: "[…] je nach Betrachtungsstandpunkt unterschiedliche Verwendung der Begriffe Schadstoff und Gefahrstoff in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion. [...] So formuliert der SachverstĂ€ndigenrat fĂŒr Umweltfragen (SRU): 'Gefahrstoffe sind Stoffe, die das Potential haben, auf den Menschen, andere Lebewesen, auf die einzelnen Ökosysteme oder auf SachgĂŒter eine schĂ€digende Wirkung auszuĂŒben' (SRU, 1987). [...] Die Zuweisung der möglichen Gefahreigenschaft erfolgt dann ohne Angabe eines Ortes und ohne bekannte Schadwirkung. FĂŒr die Praxis ist dies von Bedeutung, weil hiermit vorsorgende und auf Schadstoffvermeidung zielende Haltung in Unkenntnis der Wirkungen zum Ausdruck gebracht werden."

[20] Zit. aus dem "Cradle to Cradle® Glossar" unter Downcycling. URL: http://www.epea.com

[21] "Über Risiken des Verschwindens und Chancen intelligenter Schrumpfung – ein GesprĂ€ch mit Uta Hassler". In: Detail 2002. S.1212-1217. Hier S.1213.

[22] Matthias Brake: "Werden HĂ€user immer mehr zu SondermĂŒll?" In: telepolis, 1.2. 2011. URL: http://www.heise.de/tp/artikel/34/34113/1.html.

[23] Daniel Seemann: "Energieeffizienz im GebĂ€udebau schafft Umweltbelastung." Fraunhofer Instituts fĂŒr Raum und Bau (IRB) 16.3.2011. URL: http://www. cleanenergy-project.de/15378/.

[24] WĂ€rmeleitfĂ€higkeit λ = 0,04 W/m2K. Mit Hanffasern, MaisstĂ€rke als StĂŒtzfaser und Soda als Brandschutz zu 100% aus natĂŒrlichen Komponenten. Zum Beispiel Hock GmbH: "Technisches Datenblatt Thermo-Hanf Premium." URL: http://www.thermo-hanf.de/cms/upload/pdf/datenblaetter/DB_Thermo-Hanf_Premium.pdf.

[25] Michael Braungart (geb. 1958), Chemiker, Verfahrenstechniker und Autor, grĂŒndete 1987 die EPEA Internationale Umweltforschung GmbH in Hamburg. Sein Schwerpunkt liegt in der Entwicklung und Vermarktung intelligenten öko-effektiven Designs. Von 1994 bis 2008 war Braungart Professor fĂŒr Verfahrenstechnik an der UniversitĂ€t LĂŒneburg, seit Herbst 2008 ist er Professur fĂŒr Cradle to Cradle an der Erasmus UniversitĂ€t Rotterdam. Er ist MitbegrĂŒnder der Design- und Entwicklungsfirma McDonough Braungart Chemistry in Charlottesville, Virginia. William McDonough (geb. 1951), US-amerikanischer Architekt und Autor, ist unter anderem als Consulting Professor fĂŒr Civil and Environmental Engineering an der Stanford University tĂ€tig, gehört dem Leadership Council der Yale University an und ist PreistrĂ€ger mehrerer Presidential Awards. Er grĂŒndete das ArchitekturbĂŒro William McDonough + Partners und ist Leiter der Entwicklungsfirma McDonough Braungart Chemistry. 1999 wĂ€hlte das Time Magazine ihn zum "Hero for the Planet", 2007 zusammen mit Michael Braungart zu den "Heroes of the Environment". Aus: Michael Braungart/ William McDonough: Die nĂ€chste Industrielle Revolution. Hamburg. 2008.

[26] EPEA GmbH: "NÀhrstoffkreislÀufe." o.D. URL: http://epea-hamburg.org/index.php?id=199&L=4.

[27] Zit. Aus dem "Cradle to Cradle -Glossar". Unter: Die nÀchste Industrielle Revolution. URL: http://epea-hamburg.org/index.php?id=159&L=4

[28] Michael Braungart/ William McDonough: Die nÀchste Industrielle Revolution. Hamburg 2008.

[29] Vgl.: Michael Braungart/ William McDonough: Einfach intelligent produzieren. Berlin 2003. Hier S.205-222 (Originalausgabe: Cradle to Cradle. Remaking the Way We Make Things. New York 2002).

[30] Die Hersteller sind: Sitzbezug: Gessner AG (ehemals Rohner Textil) und DesignTex (Schweiz). Schuhe: Nike (USA). Stuhl: Herman Miller (USA). Informationen mit freundlicher Genehmigung der EPEA GmbH

[32] Braungart/ McDonough 2003 (Vgl. Anm.  [29]). S.219.

[33] "Smart Materials sind aktive Materialien mit transformativem Charakter. Sie reagieren auf sich verĂ€ndernde UmwelteinflĂŒsse." Man unterscheidet "hier vier Kategorien der VerhaltensĂ€nderung: 1) Änderung einer Materialeigenschaft durch Änderung eines Materialzustandes. 2) Änderung einer Materialeigenschaft durch Zufuhr von Energie. 3) Umwandlung zugefĂŒhrter Energie in eine andere Energieform 4) Änderung des Materialzustandes fĂŒhrt zu einer weiteren Änderung des Materialzustandes (interne Energie) und modifiziert so Materialeigenschaften und Energie-Output. Im Zusammenspiel mit Smart Technologies, d.h. intelligenter, vernetzter GebĂ€udetechnik, können sie die Energie- und Materialströme eines GebĂ€udes ĂŒberwachen und optimieren." Zitat nach Michelle Addington (Yale School of Architecture). In: Nikolaus Kuhnert/ Anh-Linh Ngo/ Christian Berkes u.a.: "Smart Material Houses. Die materielle Grundlage einer neuen nachhaltigen Architektur.". Arch+ 198/199 2010. S. 72-77. Hier S.74.

[34] Sheila Kennedy/ Veit Kugel: "Neue Materialien, neue Praxismodelle". In: Arch+ 198/199. 2010. S. 78-79. Hier S.79.

[35] Eine Verbesserung des Mikroklimas kann durch Bepflanzung oder die Gestaltung neuer (vertikaler) Biotope geschaffen werden. Eine gesunde obere humusreiche Bodenschicht dient als Sauerstofflieferant und CO2 Speicher. Sie bewirkt zum Beispiel durch lokale Regenwasserversickerung bzw. -nutzung eine Verbesserung der Boden-, NÀhrstoff- oder WasserqualitÀt. Weitere bewÀhrte Verfahren sind die Trennung von Trink-, Grau-, Schwarz- oder Gelbwasser sowie lokales Wasserrecycling. Weitere Informationen unter URL: http://www.ecobine.de/indexc.php?SESSID=&id=G.2&kurs=9&l=de. Eine Reihe von VortrÀgen des Landschaftsökologen Wilhelm Ripl zu diesem Thema ist auf youtube abrufbar. URL: http://www.youtube.com/results?search_query=prof+dr+ripl&aq=f.

[36] Thomas Prlic: "Cradle to Cradle statt ab auf den MĂŒll. Cradle to Cradle Pilotprojekt Graz." Architektur und Bauforum. 28.10.2010. URL: http://www.architektur-bauforum.at/ireds-108055.html

[37] Ein Beispiel fĂŒr ein derartiges Projekt ist das Einfamilienhaus des Projekts R 128 in Stuttgart von Werner Sobek. Sobek propagiert ein "Triple-Zero-Konzept": Null Emissionen, Null Energieverbrauch, Null Abfall. Noch 2011 wird vom BĂŒro Sobek in Berlin der Prototyp eines Energie-Plus-Hauses gebaut, der ĂŒberschĂŒssige Strom dient zum betanken des dazugehörigen Elektroautos. URL: http://www.tagesspiegel.de/berlin/ein-wohnzimmer-mit-strom-tankstelle/3793766.html

[38] Vgl. Klaus Daniels: Low Tech Light Tech High Tech. ZĂŒrich. 1998. Daniels arbeitet an der Entwicklung ökologisch vertrĂ€glicher GebĂ€ude. Das Bauen der Zukunft, so Daniels, kann nur ein ganzheitliches sein. Es gelte, die Synergien zwischen den drei AnsĂ€tzen Low-Tech, Light-Tech, High-Tech in jedem einzelnen GebĂ€ude zu suchen und zu entdecken, zu prĂŒfen und zu nutzen.

[39] Vgl. zum Beispiel die Nutzung von Lehm als hochwertiger Wandputz im Kolumba-Museum, in Köln; Architekt Peter Zumthor, Fertigstellung 2007. URL: http://www.lehmjournal.de/cms/front_content.php?idart=122.

[40] Das Zitat im Zusammenhang: "Wissen wird, anders als Warendurchsatz, nicht verringert, wenn man es teilt, sondern vervielfĂ€ltigt. Sobald Wissen existiert, betragen die OpportunitĂ€tskosten des Teilens Null und somit sollte auch der Preis, es zu verteilen, Null sein. Internationale Entwicklungshilfe sollte mehr und mehr die Form von frei und aktiv geteiltem Wissen annehmen, begleitet von kleinen Kapitalhilfen, und weniger die Form gewaltiger zinsbelasteter Kredite. Wissen zu teilen kostet wenig, erzeugt keine Schulden, die eh niemals zurĂŒck bezahlt werden können, und es erhöht die ProduktivitĂ€t der wirklich konkurrierenden und knappen Produktionsfaktoren. Existierendes Wissen ist der wichtigste Input fĂŒr die Produktion neuen Wissens, und dieses kĂŒnstlich knapp und teuer zu halten, ist pervers. Patentmonopole (wie 'Rechte an geistigem Eigentum') sollten eine kĂŒrzere Laufzeit haben und nicht fĂŒr so viele 'Erfindungen' erteilt werden wie derzeit." Übersetzung der Adbusters-Laudatio sowie Dalys Artikel "A Steady-State Economy" aus: Adbusters 01/2009. In: Konsumpf – Forum fĂŒr kreative Konsumpolitik. URL: http://konsumpf.de/?tag=herman-daly

[41] Michael Schmidt-Salomon bei der GesprĂ€chsrunde "Eine bessere Welt ist möglich!" wĂ€hrend des "Cradle to Cradle®-Festival" im Aedes-Architektur-Forum-Berlin, MĂ€rz 2011. Michael Schmidt-Salomon, geb. 1967, ist Sozialwissenschaftler, freischaffender Philosoph und Schriftsteller sowie MitbegrĂŒnder und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, einer Denkfabrik fĂŒr Humanismus und AufklĂ€rung.

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erstellt von Markus Helbach zuletzt verÀndert: 19.11.2019 09:31
Mitwirkende: Helbach, Markus
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